Nicht immer sind 0815 Hochzeitsbilder gefragt. Manch einer mag es vielleicht ein bisschen humorvoller. Etwa dann, wenn der Bräutigam mit einem Regenschirm in der Hand droht weg zu fliegen und die Braut versucht ihn mit letzter Kraft festzuhalten. Das ist nur ein Beispiel eines Hochzeitsfotos der etwas anderen Art, wie das Portfolio der Fotografin Aisha Lüer unter Beweis stellt. Wir haben mit ihr gesprochen und einiges über ihre Arbeit als Fotografin in Erfahrung bringen können.
Aisha Lüer lebt seit 43 Jahren in Braunschweig, wo sie auch ihr Unternehmen mit dem Namen Bildermacher betreibt. In der Oberstufe war sie sehr kreativ, jedoch ist es ihr damals noch nicht in den Sinn gekommen, beruflich einen kreativen Weg einzuschlagen.
Nach der Schule hatte sie zunächst eine Sinnkrise und konnte sich in nichts wiederfinden. Schließlich gelangte sie auf Umwegen an ein Fotostudio. In der Anzeige stand, dass Branchenfremde angelernt werden, aber sie nahm an, besser als ein Branchenfremder zu sein, weil sie schon in der Schule viele Erfahrungen mit Fotografie gesammelt hatte. Zusammen mit ihrem damaligen Freund hatte sie ein kleines privates Atelier, in dem sie selbst Bilder erstellten und entwickelten, mit denen sie sich bei besagtem Fotostudio bewarb und angenommen wurde. Schnell stellte sie fest, dass sie gut in diesem Job war und sie begann sich tiefer in Materie einzuarbeiten. Nach sieben Jahren hatte sie schließlich keine Lust mehr, für 6,50€ ohne Urlaub oder Krankenversicherung zu arbeiten und machte sich selbstständig. So schrieb sie einen Businessplan, besorgte sich ein Darlehen von der KfW-Bank und los ging es. Aus heutiger Sicht ein wenig naiv, aber wer nicht wagt, gewinnt auch nichts. Zunächst wollte sie die Risiken minimieren, indem sie nur mobile Fotos anbot, merkte aber schnell, dass man dadurch an Glaubwürdigkeit einbüßt und legte sich ein Atelier zu.
Ihre Intention dabei war es, von Anfang an weg von dem unnahbaren Schickimicki-Image anderer Fotografen zu kommen und stattdessen authentisch und empathisch zu sein. Sie wollte die Distanz zwischen dem Fotografen und den Kunden verringern und dadurch an echte Emotionen gelangen. Beispielsweise wohnt und arbeitet sie unter einem Dach, ist mit den meisten ihrer Kunden per du und hat durch ihren Humor und ihr echtes Interesse auch eine Menge Stammkundschaft. Ihre Nische hierbei sind einfühlsame Portraits für jede Lebenslage, sehr gern auch unter freiem Himmel, weil sie die Verbindung mit der Natur als schön und natürlich empfindet. Sie arbeitet auch am Wochenende und nach Feierabend, was besonders Berufstätigen sehr entgegen kommt. Meist ist sie umringt von einigen freien Mitarbeitern, die sie tatkräftig unterstützen.
Der Firmenname wurde Bildermacher, weil ich Anglizismen etwas kitschig finde und zurück zum Wesentlichen wollte.
Inwiefern man in der Branche finanziellen Erfolg hat, liegt bei jedem selbst.
Fotograf ist seit Beginn des Jahrtausends kein geschützter Beruf mehr, was ich auch völlig richtig finde, denn die meisten Reingerutschten, die ich kenne, sind weitaus besser als die mit Diplom.
Man kann auf sehr unterschiedliche Faktoren setzen wie Standort in der Innenstadt mit Laufkundschaft, ein eindrucksvolles Atelier oder sich einen Namen in einer bestimmten Gruppe machen, wie z.B. Produkte oder Tiere.
Meine Nische sind Fotos mit Herz. Ich mag die Diversität meines Jobs, Routine langweilt mich schnell.
Ich liebe die gute Stimmung auf Hochzeiten genauso wie ein turbulentes Familien-Shooting im Grünen. Mich fasziniert ein herzliches Gespräch mit älteren Menschen während einer Familienfeier über das, was wirklich zählt im Leben, genauso wie der psychologische Aspekt bei Bewerbungsbildern.
Gute Bewerbungsbilder brauchen neben vernünftiger Technik auch viel Einfühlungsvermögen, sowohl um den Klienten auf Kurs zu bringen als auch in das Personalmanagement der anvisierten Stelle. Das Herauskitzeln eines ersten Eindrucks von Offenheit, selbständigem Arbeiten, natürlicher Freundlichkeit, Teamfähigkeit und der richtigen Menge Biss für den Beruf sind da besonders in meinem Fokus. Ich ärgere mich über Glaubenssätze wie: „Eine Frau sollte möglichst männlich aussehen“, „Ein dunkler Hintergrund verleiht Tiefe“, „Eine Krawatte macht seriös“, „Eine Brille macht schlau“. Nein, dem ist nicht so. Ich könnte für alles Gegenbeispiele raussuchen, aber das würde zu weit führen. Ich stelle jeden Tag wieder fest, dass ein gutes Bewerbungsbild den Weg der Mitte geht. Eine schüchterne Blondine muss sich aufbauen, präsentieren, eine ohnehin schon burschikos wirkende Frau eher wegdrehen, aber zu mir neigen, den Kopf ankippen, um Interesse zu zeigen. Einem typischen ITler versuche ich ein sozial kompetentes Lächeln zu entlocken und einem Anwalt eher Biss.
Der Trick alle entspannt schauen zu lassen, ist sie körperlich zu fordern, dass sie ihre Aufregung für einen Moment vergessen. Darum weiß man nach meinen Shootings, was man getan hat.
Natürlich muss man von seiner Arbeit leben können, aber mir ist tatsächlich wichtiger, in glückliche oder faszinierte Gesichter zu schauen, wenn Kunden ihre Bilder abholen und nicht in Gesichter, die überlegen, wo sie Fehler finden, um den Preis zu drücken.
Ein Schulterklopfer beim Einkaufen mit „Hey, ich hab den Job, noch mal herzlichen Dank!“ gibt mir persönlich mehr als anonyme Zahlen auf dem Konto.
Wer möchte nicht ein authentisches Bild von sich selbst in Händen halten. Bilder, die die Persönlichkeit eines Menschen wahrhaftig zeigen. Gerade bei Bewerbungsfotos ist das ein wichtiger Aspekt, denn schließlich möchten sich die Personaler ein unverfälschtes Bild vom Bewerber machen. Für Aisha Lüer ist das ein wichtiger Punkt in ihrer Fotografie, versucht sie doch den Menschen vor ihrer Kamera zu verstehen, um schlussendlich in die glücklichen Gesichter ihrer Kunden und Kundinnen über das Endergebnis eines Shootings blicken zu können.