Es gibt so viel verschiedene Künstler und alle sind auf ihre Art unterhaltsam, beeindruckend und faszinierend. Besonders viel Eindruck hinterlassen allerdings die Künstler, die mit Feuer arbeiten, da schon das Element Feuer an sich eine besondere Faszination ausübt. Und dieses Element zu beherrschen hat einen ganz besonderen Reiz, beim Künstler selbst und auch beim Publikum.
Ähnlich beeindruckend ist die Kunst des Stelzenlaufens, was hervorragende Körperbeherrschung und viel Training erfordert. Wir haben mit zwei Frauen gesprochen, die diese Kunst perfekt beherrschen. Nina Scholz, 42-jährige Leiterin von Hochkant in Hildesheim und mit Beatrice Cordier, ebenfalls eine Künstlerin des Teams.
Nina Scholz wurde in Wolfsburg geboren, lebt und arbeitet heute in Hildesheim. Sie liebt ihren Beruf so sehr, dass er zugleich ihr Hobby ist. Dabei liebt sie sowohl die Kunst als auch die Reisen, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind. Sie ist gern unterwegs, lernt gern andere Länder und Menschen kennen. Die Verbindung zur Kunst entstand schon in ihrer Kindheit. Schon damals lernte sie viel Tanz, Theater, verschiedene Musikinstrumente. Das ist ihre Grundlage. Studiert hat sie dann Kulturpädagogik und Kulturwissenschaften in den Fächern Kunst, Musik, Kulturmanagement und Psychologie. Daneben hat sie 2 Percussionausbildungen gemacht, afrikanisch und dann nochmal afrikanisch/kubanisch/brasilianisch/pop.
Schon seit sie 5 ist, tritt sie auf. Im Studium begann sie dann, mit Stelzen und Feuer aufzutreten. Und schon bald kamen die ersten Auftritte gegen Gage. Außerdem gibt sie Unterricht in Djembé, eine afrikanische Trommel und Bodypercussion. Später kam noch Schlagzeugunterricht hinzu.
Das Spielen mit dem Feuer hat sie etwa 1999 in einer Tanzcompany während des Studiums gelernt, in der die Künstler alles Mögliche gemacht haben, nicht nur Tanz. Später hat sie sich selbst das Stelzenlaufen beigebracht, nachdem sie einen Stelzenläufer kennengelernt hatte und begeistert war von seiner Gruppe. Und kurz nach dem Studium tat sie sich mit ihrer damaligen Hochkant-Partnerin zusammen, mit der sie Stelzenlaufen und Feuershows machte. Geplant hat sie die Selbstständigkeit nicht – das hat sich einfach so nach und nach ergeben.
Heute ist Hochkant eine GbR mit derzeit ca. 13 Mitgliedern. Nina Scholz leitet die Gruppe, macht alle Konzepte, erfindet die Kostüme und macht das Büro. Die 6 bis 8 Mitglieder des Kernteams haben allerdings spezielle Aufgabenbereiche, die sie abgibt. Jeder kann sich mit seiner Kreativität einbringen. Im Feuerbereich hat es sich in den letzten Monaten ergeben, dass sie nun mit 2 weiteren kleinen Gruppen kooperieren. Hier erarbeiten sie alles gemeinsam
Zusätzlich zum Kernteam gehören 2 bis 5 weitere Teammitglieder und dazu noch 4 bis 6 Springer, die je nach Verfügbarkeit und Art der Auftritte eingesetzt werden.
Ich bin seit April 2019 bei Hochkant. Als Stelzenläuferin versuche ich beim Interpretieren der unterschiedlichen Stelzen-Figuren durch meine Bewegungen und meine Blicke, den Zuschauern und Zuschauerinnen ein Wesen zu präsentieren, das eigentlich aus einer anderen Welt kommt, aber gerade eben zufällig in der gleichen Welt der Zuschauenden gelandet ist. Ich mag es in den Walk Acts den Zuschauern und Zuschauerinnen auf sehr direkte Art und Weise zu begegnen, von Angesicht zu Angesicht.
Wie oft ich mit den anderen Teammitgliedern trainiere, hängt davon ab, welche Auftritte anstehen. Kürzlich hatten wir einen Auftritt bei einer Parade in Südspanien. Da haben wir uns vorher zu ein paar Proben getroffen, um verschiedene Bilder und Interaktionen, die während der Parade zwischen uns stattfinden sollten, zu finden und abzumachen.
Hochkant hat inzwischen 48 Kostüme, davon 36 verschiedene. Das meiste sind Tiere, aber auch andere Fantasiewesen und auch menschliche Figuren. Je nach Größe der Person (ja, ganz pragmatisch), aber auch nach Charakter spielt nicht jeder jede Figur und andere dafür umso mehr.
Die Grundlage einer Feuershow ist der Aufbau. Der dauert länger als die Show. Bei uns kann der 1-2 Stunden dauern, je nach Größe der Show. Alles muss positioniert sein, die Technik verkabelt, das Material in verschiedene Flüssigkeiten getränkt sein. Wenn dann die Musik losgeht, ist alles bei uns durchgetaktet, also alles choreografiert. Nur bei Solos darf improvisiert werden.
Wenn alles richtig gemacht wird, ist nichts wirklich gefährlich. Sollte es jedenfalls nicht. Solange man nur das tut, was man kann, sich konzentriert und den Respekt zum Feuer nicht verliert.
Hochkant ist, würde ich sagen, viel bei Stadtfesten vertreten. Aber auch einigen Firmenfeiern. Wir rutschen nun auch mehr und mehr in das Auslandsgeschäft. Das sind meist Festivals. Hin und wieder gibt es auch private Veranstaltungen.
Speziell? Ich würde sagen, speziell sind bei uns die LED-Kostüme und -Requisiten, inzwischen mit Arduinos, also kleinen Computern, programmiert. So unsere Lichtwesen, die Chamäleons und der neue Drache. Auch bei den Feuershows bauen wir immer mehr LED ein. So zum Beispiel unsere LED-Tools, die beim Drehen Bilder zeigen. Die kann man auch kaufen. Unsere allerdings sind selbstgebaut in verschiedenen Größen und Formen, und vor allem haben sie an den Enden Fontänen, deren Zündungspunkt zeitlich auf die Musik programmiert wird.
Schutzkleidung – bei einer Feuershow habe ich lange einen imprägnierten Anzug getragen und später nach einem Unfall sogar Rennfahrerunterwäsche. Das war allerdings nicht so praktisch. Heute imprägniere ich immer noch meine Kostüme. Es reicht aber eigentlich, wenn man Baumwolle oder Leder statt “Plastik” trägt. Beim Stelzenlaufen sind bei uns nur harte Knieschoner Pflicht. Sollte man fallen, dann sollte man versuchen, auf den Knien zu landen.
Ich denke, das sind die großen Kostüme mit Luft und den programmierten LEDs bzw. Die LED-Elemente bei der Feuershow zum einen und zum anderen, dass es uns wichtig ist, nicht nur Stelzen zu laufen und Feuer zu schwingen, sondern wir gehen auf das Publikum zu, sind in unserer Rolle und erzählen eine Geschichte.
Vor allem in meinem Feuerspiel bin ich vom Tanz geprägt, würde ich sagen. Am meisten vom Modern Dance, den ich seit über 20 Jahren trainiere. Im Gegensatz zu vielen anderen Feuerspielern bin ich sehr lyrisch.
Die Ideen, die kommen aus unserem Leben. Alles, was wir erleben, inspiriert uns, mal weniger und mal so sehr, dass wir es verarbeiten. Ich selbst scheine bei meinen Kostümen einen Hang zu Reptilien zu haben und kann nicht sagen woher. Beim Feuerspiel schauen wir viel, was jeder mit sich bringt, wie er ist. Mal mehr Artistik und auch mal einen Clown.
Aber eigentlich ist es harte Arbeit, auch wenn es den Künstlern viel Freude bereitet. Alle Auftritte müssen sorgfältig vorbereitet werden, alle Sicherheitsfragen berücksichtigt werden. So passiert ganz viel im Hintergrund bevor die Künstler ihren Auftritt haben. Wer von einer Künstlerkarriere träumt, sollte neben einem gewissen Talent, viel Liebe zum Detail und die Bereitschaft zu unermüdlicher Arbeit mitbringen, gekoppelt mit dem Wunsch sich stets zu verbessern und dem Publikum immer die beste Unterhaltung zu bieten. Wir danken Nina Scholz und Beatrice Cordier für dieses Gespräch und den Einblick in ihre Welt der Stelzenläufer und Feuerkünstler.