Von Judo bis über Taekwondo und Karate, gibt es ja viele asiatische Kampfkünste. Eine davon ist jedoch noch relativ unbekannt in unseren Breitengraden erlebt allerdings jetzt einen Aufschwung und erfreut sich großer Begeisterung. Die Rede ist von Aikido.
Was eventuell zuerst nach einem Nudelgericht klingen mag, ist eigentlich eine Kampfkunst die ihre Wurzeln in Japan hat. Erschaffen wurde sie im 20. Jahrhundert von Ueshiba Morihei, welcher spirituelle Unterstützung von Deguchi Onisaburo hatte. Das Wort Aikido bedeutet so etwas wie “den Weg der Harmonie durch die eigene Kraft des Geistes finden.”
“Ai”, das ist die Harmonie, “Ki” ist die Lebensenergie und das “Do” steht für den Lebensweg. Christian Föller ist eigentlich studierter Informatiker mit einem zusätzlichen Master in “Informationsmanagement.”
Doch nebenbei ist er begeisterter Aikido Trainer im Takeki Dojo. Dort lehrt er seine Schüler gekonnt wie sie Attacken gezielt abwehren können, denn beim Aikido geht es in erster Linie um (Selbst-)Verteidigung und niemals um Angriff!
Als Kind bin ich damals vom Judo nach einer Unterbrechung wieder zurück zur Kampfkunst gekommen und ein damaliger Schulfreund hatte mit mir über Aikido erzählt, da er davon gehört hatte. Schlussendlich habe ich über mehrere Umwege und einige im Nachhinein betrachtet, weniger gute Trainer durch Zufall und Glück meinen Trainer auf einem Seminar kennenlernen dürfen. Ihm habe ich es auch zu verdanken, dass ich seither dabei geblieben bin, was nunmehr 16 Jahre zurück liegt.
Ein guter Trainer ist für mich jemand, der gleichzeitig auch immer Schüler bleibt und Interesse daran hat, seine Schüler so zu trainieren, dass sie besser werden als er selbst. Außerdem übernimmt er Verantwortung für das was er Unterrichtet und das innerhalb und außerhalb des Dojos.
Ich trainiere meine Schüler so, wie mich mein Trainer unterrichtet und lege sehr viel Wert darauf, dass das was ich unterrichte auch außerhalb des Dojos funktioniert. Aikido ist eine Kampfkunst und sollte auch entsprechend unterrichtet werden, dass es funktioniert und meine Aufgabe als Trainer ist es, mein Training so ehrlich zu gestalten, wie es auch außerhalb des Dojos ist, denn dort schlägt niemand vorbei, wartet ab oder dergleichen. Mir ist es wichtig so zu trainieren, dass es der Realität sehr nahe kommt, was bedeutet, dass Angriffe auch so gemacht werden, dass sie treffen, lediglich die Geschwindigkeit wird je nach dem Leistungsniveau der Schüler angepasst, dass sie auch etwas lernen. Darüber hinaus basiert mein Training auf 3 einfachen Prinzipien:
Diese 3 Punkte machen für mich nicht nur Sinn sondern ich sehe sie als die Basis jeglicher Selbstverteidigung an.
Im Takeki Dojo unterrichte ich „Makoto Aikido“ eine Stilrichtung die maßgeblich von Shihan Larry Reynosa geprägt ist.
Meine Kurse sind nicht nach Geschlechter getrennt, denn ich finde, dass Frauen die Aikido lernen möchten um sich verteidigen zu können nicht nur mit anderen Frauen trainieren sollten. Denn es ist nun einmal Fakt, dass die Gefahr Nummer 1 für Frauen nicht andere Frauen sind, sondern Männer. Dementsprechend müssen Frauen auch innerhalb des Trainings lernen mit männlichen Angreifern umzugehen. In der Regel setzen Männer auf ihre Kraft und damit sind sie üblicherweise Frauen gegenüber im Vorteil. Und Frauen müssen daher lernen, wie sie mit dieser Kraft umgehen, weshalb ich überzeugt bin, dass Aikido das Potential hat die ideale Selbstverteidigung für Frauen oder generell körperlich unterlegenen Personen zu sein, vorausgesetzt es wird auch dementsprechend unterrichtet.
Vom Alter her bin ich der Meinung, dass Aikido schon im Kindesalter, je nach Entwicklungsstand ab ca. 3 bis 4 Jahre unterrichtet werden kann. Meiner Meinung nach sollten Kinder in dem Alter keine Techniken erlernen, da sie meist motorisch noch nicht soweit sind und die Gefahr einer Verletzung groß wäre. Je nach Altersgruppe gibt es andere Prinzipien und Wege Kindern die entsprechenden Fähigkeiten beizubringen auch außerhalb des Dojos sicher zu sein. Dinge wie vermeiden kann man bei Kindern meist spielerisch einbauen und sie lernen es dabei schneller als jeder Erwachsene und beherrschen es danach intuitiv. Daher ist es wichtig ein dem Alter entsprechend passendes Training zu gestalten um hier die Basis zu legen, dass Kinder sich so verhalten und in der Lage sind Gefahren zu erkennen, dass sie sicher bleiben.
In meinem Training gibt es keine Methode im eigentlichen Sinn. Wichtig ist es, dass das Training stets ehrlich ist. Ehrliche Angriffe und Angreifer, die sich so verhalten, dass die Verteidiger auch lernen können. Sperren oder zurückhalten oder Kontern funktioniert im Training, weil man in der Regel ja weiß was kommt, hat aber weder mit der Realität zu tun, noch ist es sonderlich ehrlich. Insofern würde ich als „Lieblingsmethode“ komplette Ehrlichkeit nennen.
Warum soll es im Aikido keine Tritte und Schläge geben? Außerhalb des Dojos wird es im Falle eines Angriffs dazu kommen, dass der Angreifer tritt und/oder schlägt. Und genau darum sollte es im Training entsprechend auch Tritte und Schläge geben. Allerdings nur auf Seiten des Angreifers. Als Verteidiger auf Tritte und Schläge zu bauen bedeutet, dass im Ernstfall wieder Kraft auf Kraft trifft und dabei gewinnt die größere Kraft. Würde ein Kind mit Schlägen oder Tritten sich gegen einen Erwachsenen wirklich wehren können? Ich denke nicht, daher sehe ich Tritte und Schläge, mit Ausnahme von Atemi, welches für mich weniger ein klassischer Schlag ist, sondern eher eine Art „Ablenkung“, nicht als Bestandteil von Aikido als Verteidigungstechnik. Sehr wohl aber sehe ich es als Bestandteil des Trainings um zu lernen, wie man mit Schlägen und Tritten umgeht.
Aikido wie ich es trainiere und unterrichte ist eine Kampfkunst und ich lege viel Wert auf ehrliche und echte Angriffe. Wenn dabei der Verteidiger nicht weiß wie er sich verteidigt und ein Angriff trifft, kann es zu Verletzungen kommen. Wo Angriffe ehrlich sind, können Sie auch treffen. Daher ist es wichtig nicht an der Ehrlichkeit des Angriffs zu variieren, sondern an dessen Geschwindigkeit. Und je länger ein Schüler trainiert und je besser er ist, desto schneller werden die Angriffe. Und sollte einer dieser schnellen Angriffe einschlagen, kann es durchaus zu Verletzungen kommen. Auf der anderen Seite kann es auch zu Verletzungen kommen, wenn ein Angreifer so angreift, dass er sich selbst nicht mehr schützen kann. Dies sollte auch immer berücksichtigt werden, dass eben nur so schnell aber immer komplette ehrlich angegriffen wird, so dass man sich auch selbst schützen kann, wenn der Verteidiger sich erfolgreich verteidigt.
Die Techniken, die ich im Training unterrichte, müssen im Ernstfall funktionieren und wenn das bedeutet, dass der Angreifer eine Verletzung erleidet, so dass ich selbst aus einer Situation wohlbehalten rauskomme, dann muss das, was ich mache auch das Potential haben zu verletzen. Es obliegt dann jedem selbst, dies zu tun oder nicht und entsprechend der getroffenen Wahl mit den Konsequenzen umzugehen. Aber nur wenn ich so gut bin in dem was ich tue, kann ich es mir erlauben so viel Kontrolle zu haben und eine Wahl zu treffen einerseits sicher zu sein, andererseits aber nicht zwingend den Angreifer pauschal verletzen zu müssen, wenn es auch anders geht.
Das ist es was mich seit jeher an Aikido fasziniert und worin ich den großen Unterschied zu vielen anderen Stilrichtungen oder Kampfkünsten sehe. Das Potential nicht verletzen zu müssen, sondern eine Wahl zu haben. Oder mit anderen Worten: Es gibt genug Gewalt auf der Welt, ich muss nicht ein Teil davon sein. Das heißt aber nicht, dass ich mich nicht dennoch wirksam gegen Angreifer verteidigen kann.
Im Grunde gibt es keine Voraussetzungen. Jeder Mensch ist anders und jeder wird entsprechend seinen Voraussetzungen anders trainieren. Vom Athleten der physisch topfit war bis zum Rollstuhlfahrer der nach mehreren Schlaganfällen halbseitig gelähmt war. Ich schon jeden im Training erleben dürfen. Das nicht jeder alles machen kann in dem Fall ist klar, aber es gibt keinen Grund nicht im Rahmen seiner Möglichkeit das zu tun oder zu trainieren, zu dem man in der Lage ist. Ein halbseitig gelähmter Rollstuhlfahrer kann immer noch einen Arm bewegen und dann muss er damit arbeiten und einen Weg finden nicht zum Opfer zu werden. Und genau dieses Potential findet sich im Aikido. Von eingeschränkten Menschen bis zum Top-Athleten kann jeder individuell und für sich selbst passende Dinge aus dem Training mitnehmen.
Klassischerweise gibt es einen Trainingsanzug. Dies ist der typische Gi und in dem Verband, dem ich zu gehöre, später ab Shodan (1. Schwarzgurt) Level auch ein Hakama. Diese kann man von diversen Händlern im Internet oder entsprechenden Läden beziehen. Aber zwingend nötig um am Training teilzunehmen ist es nicht. Denn außerhalb des Dojos wird in der Regel auch kein Gi getragen sondern normale Straßenkleidung. Ob Trainingskleidung oder nicht, davon hängt es nicht ab, ob jemand am Training teilnehmen kann oder nicht. Allerdings darf man nicht außer Acht lassen, dass gerade bei japanischen Kampfkünsten auch Etikette und Protokolle eine wichtige Rolle spielen und dazu auch die Trainingskleidung gehört. Ein Schüler, der Aikido länger betreiben will sollte daher entsprechende Trainingskleidung tragen, um diesen traditionellen Teil ausreichend zu respektieren. Als Grund jemand vom Training auszuschließen sehe ich das allerdings persönlich nicht, was sicher von Schule zu Schule variiert.
Beherrscht man die wichtigsten Grundtechniken, so kann man auf jeden körperlichen Angriff richtig agieren. Sollte er nicht mehr vermeidbar sein, dann ist man in der Lage mit ausreichender Kontrolle einen bewussten Abwehr-Akt zu setzen und die richtige bzw. angemessene Wahl für die individuelle Situation zu treffen. Vielen Dank für die Zeit und Beantwortung unserer Fragen!