Orientalischer Tanz – kraftvoll und zugleich weich. Trotz dieser Widersprüchlichkeit gehen die Bewegungen harmonisch ineinander über und man nimmt den Tanz als zusammenhängende, faszinierende und exotische Choreographie wahr. Dieses Wechselspiel ist charakteristisch für den orientalischen Tanz. Neben fließenden Bewegungen finden sich immer wieder schnelle, abgetrennte Figuren und Isolationen einzelner Körperteile, die einen starken Kontrast dazu bilden. Jeder, der eine orientalische Tanzaufführung sehen darf, wird davon in den Bann gezogen – weshalb sich diese auch großer Beliebtheit erfreuen.
Una Shamaa wurde in Sao Paulo in Brasilien geboren. Sie war Juristin und in Deutschland absolvierte sie Frieden- und Konfliktforschung als Masterstudiengang. In Brasilien arbeitete sie bei Menschenrechtsorganisationen und in Dresden mit politischer Bildung. Das liegt ihr immer noch am Herzen, aber es war ihr unmöglich, sich diesem Bereich und ihrer Leidenschaft für den Tanz mit der gleichen Intensität zu widmen, besonders wenn sie beide Schienen als Freiberuflerin fahren musste. Immer wieder besuchte sie auch Tanzkurse, aber keine formelle Tanzausbildung. 2013 entschied sie sich, eine Ausbildung als Tanztherapeutin zu machen und dann im Anschluss als Traumatherapeutin, die sie 2018 absolvierte. Es war sehr riskant, den Tanz zum Hauptberuf zu machen, besonders ohne anerkannte Ausbildung, und es ist nach wie vor finanziell nicht immer einfach für sie. Aber es ist genau das Leben, das sie leben möchte.
Una Shamaa arbeitet selbständig, unterwegs ist sie mit ihren Tanzshows und Tanzworkshops hauptsächlich in Dresden und Leipzig, aber auch nicht selten deutschlandweit und im Ausland. Außerdem bietet sie Tanz- und Traumatherapie für einzelne Personen an und ist immer wieder tätig bei sozialen Projekten und politischer Bildung. Sie ist sowohl als Tänzerin, Performerin, Licht- und Feuerkünstlerin als auch als Kursleiterin und Tanztherapeutin tätig. Als Einzelunternehmerin arbeitet sie aber auch sehr häufig in Kooperation mit anderen Künstlern und manchmal auch Sozialpädagogen für spezifische Projekte. Ihre neueste Kollaboration ist mit Oblivion Guest, einem experimentellen Musikprojekt aus England. Das Programm „Das Licht im Schwarzen Loch“ wurde zum ersten Mal auf der Tanzwoche Dresden ausgeführt und der Soundtrack wurde als Album veröffentlicht.
Unter dem Namen „Buraco Negro“ veranstaltet sie kleine Tanzfestivals wie die Proserpina Nacht in Kooperation mit der JugendKunstschule und „Spellbound“ im Theaterhaus Rudi. Dort wird sie von einem tollen Team unterstützt. Außerdem sind Künstler nicht wirklich allein. Die Unterstützung von Freunden und Familie ist immer wichtig, selbst wenn es heißt „lassen wir sie jetzt in Ruhe arbeiten und gehen wir ihr aus dem Weg!“.
Mich fasziniert die Souveränität, die der orientalische Tanz anbietet. Die Tänzerinnen bewegen sich zwar weich, aber kraftvoll – und diese anscheinenden Widersprüche finden harmonisch Platz in unserem Körper. Was wir heute unter „Orientalischem Tanz“ kennen, ist eine Mischung aus verschiedenen Tänzen aus dem arabischen, persischen und türkischen Raum. Mittlerweile ist der westliche Einfluss auch ziemlich stark. Das Becken hat in diesem Tanz eine zentrale Rolle, obwohl der ganze Körper engagiert sein muss. Flüssige Bewegungen wechseln sich ab mit zackigen, trockenen und explosive Akzenten, und ein Merkmal dieses Tanzes ist – auch widersprüchlich – die Isolation von verschiedenen Körperteilen, die sich dann wieder als ein Ganzes verbinden.
Die Kombination vom Orientalischen Tanz mit der Gothic-Underground-Subkultur ist eigentlich nicht so neu, sondern hat schon in der 80er Jahren weltweit angefangen. Aber weil es damals kein Internet gab, wussten viele Tänzer nicht voneinander und die Verbreitung war eher sehr langsam. Also haben viele Tänzer für sich rumexperimentiert, lange bevor Begriffe wie „Gothic Bellydance“ oder „Dark Fusion“ entstanden sind. Als – überwiegend durch das Internet – verschiedene Künstler in Kontakt kamen, sind Plattformen und Events entstanden und diese Mischung gewinnt immer mehr Anhänger. Die Körperarbeit des Orientalischen Tanzes ist die Basis, aber auch Moderner und Zeitgenössischer Tanz haben einen großen Einfluss. Natürlich haben da das Groteske und das „Unschöne“ freien Gang, was beim Orientalischen Tanz weniger der Fall ist.
Ich biete in der JugendKunstschule Dresden und in Leipzig Gothic Fusion an, neben Privatstunden. Auch für Bands, die ihre Bühnenpräsenz weiter entwickeln möchten, biete ich das Programm „Live & Alive“ an, in dem wir mit Werkzeugen des Tanzes und des Theaters individuell das Potential bei den Live Performances herauskitzeln – selbst ohne „Tänzer/ Schauspieler zu werden“ und auch ohne aufwändiges Bühnenbild. Durch Körperarbeit werden die Akteure bewusster und präsenter sowohl in der Interaktion mit den anderen Bandmitglieder als auch mit dem Publikum und dadurch wird der Auftritt insgesamt intensiver.
Bei meinen Feuershows kommen die „klassischen“ Requisiten wie Poi, Seilen, Fächer, Stäbe und auch andere Überraschungen zum Einsatz. Ich bin immer dabei, mein Repertoire zu erweitern und neue Sachen auszuprobieren. Das Feuer ist zum einem eine Einladung zu beinah meditativer Trance, aber auch etwas Überraschendes und natürlich Gefährliches und Spannendes. Bei meinen Shows versuche ich, den ganzen Reichtum dieses Elements zu erforschen – mal mystisch, mal dynamisch und explosiv. Die Shows werden je nach Anlass konzipiert. Eine Firma ist natürlich anders als zum Beispiel ein Mittelaltermarkt, was wiederum ganz anders ist als eine intime romantische Hochzeit. Deswegen nehme ich mir auch immer die Zeit, mit den Veranstaltern zu reden und mir was Passendes zu überlegen. Das betrifft die gesamte Inszenierung – vom Soundtrack bis zu den Kostümen und vor allem das Bewegungsvokabular, das angewendet wird, um eine bestimmte Energie zu transportieren.
Tanz erweckt Empathie und ist ein mächtiges, verbindendes Element – und daher ist er eine super Möglichkeit für Sozialkritik und Sozialaufbau, wenn ich es so nennen darf.
Tanz nutze ich häufig bei Empowerment Projekten und auch als Mittel zur Reflexion über den Umgang mit dem eigenen Körper und über unsere Interaktion mit unseren Mitmenschen. Obwohl ich nicht immer direkt den Tanz „politisch“ nutze, glaube ich nicht, dass irgendwas 100% „UN-politisch“ sein kann. Allein unsere Weltanschauung, unsere Werte, wie wir uns präsentieren, färbt unser Werk.
In der Praxis kommt das zum Vorschein in sehr verschiedenen Formen. Ich mache häufig in Museen Kunstkeller-Programme, die Erotik aus der Perspektive von Frauen thematisieren – also die Frau ist NICHT ein willenloses Begierdeobjekt, wie es so häufig in den Mainstream-Medien dargestellt wird, sondern Herrscherin ihres eigenen Körpers, der Freude, Trauer und Wut erlebt, und auch ein begehrendes Wesen ist. Klingt erstmal offensichtlich, aber mehrmals habe ich von Zuschauern gehört :„Oh, das habe ich so nie gedacht“ und vor allem von Frauen: „Das war wie ein Spiegel für mich. Genau so fühle ich mich, aber ich hätte mich nie getraut, darüber zu reden, bis ich es bei dir gesehen hab.“
Januar 2019 habe ich mit der Industrial Band AntiValium aus England das Stück „Pass the Stranger“ aus ihrem neuen Album „False Flags“ live performt. Die Idee war natürlich nicht den Text, der – wie häufig bei AntiValium – sehr scharf sozialkritisch ist, pantomimisch darzustellen, aber am Ende durch den Tanz wurde in Kombination mit der Musik eine Art von Einladung an den Zuschauer, die eigene Rolle in der Welt zu reflektieren. Das passiert nicht immer bewusst – in dem Fall ging es um eine „wilde“ Improvisation, bei der ich die Musik zum ersten Mal auf der Bühne hörte. Aber womit die Künstler sich verbinden, wird in der Regel auch ans Publikum transportiert, selbst wenn auf eine sehr subtile und nicht immer greifbare Form.
Das sind einige Beispiele, aber sogar bei meinen eher „Leichtkost“ Auftritte in Shishabars, finde ich immer schön zu merken, wie für ein Augenblick Geflüchtete sich in Deutschland willkommen fühlen. Eine Tänzerin gibt sich Mühe, Musik auszusuchen, die in ihnen schöne Erinnerungen weckt und bezieht sie in den Auftritt ein. Es klingt erstmal total banal und natürlich werde ich dafür bezahlt, aber wenn sich durch meine Arbeit jemand nicht ausgeschlossen fühlt wie sonst im Alltag, finde ich es schon von Bedeutung. Also egal, ob wir ein super Polit-Stück machen oder „nur“ Unterhaltung, werden wir immer entweder was verstärken oder in Frage stellen.
Dieser Aspekt des Tanzes ist für Una Shamaa besonders wichtig. In zahlreichen ihrer Projekten standen sozialkritische Themen im Fokus, die sie durch ihre Vorführungen vermittelte. Diese waren nicht immer greifbar, doch bewirkt jeder Tanz etwas beim Zuschauer und die Tänzer transportieren immer eine gewisse Botschaft. Una Shamaa tritt auf den verschiedensten Veranstaltungen auf. Dabei gibt sie sich viel Mühe, ihre Performance auf das jeweilige Event und den Kontext anzupassen, um ihre Zuschauer zu begeistern. Um ihre Fähigkeiten auch anderen näherzubringen, bietet sie verschiedene Kurse und Workshops an. So kann jeder die Ausdruckskraft erleben, die in unserem Körper steckt.