Das Bogenschießen blickt auf eine langjährige Tradition zurück und gehört zum Alltag vieler Kulturen. So dient der Bogen nicht nur als Waffe oder zur Nahrungsbeschaffung, sondern wird in der heutigen Zeit gerne als Freizeitbeschäftigung betrieben. Das japanische Bogenschießen ist dabei besonder interessant und blickt auf eine reiche Kultur zurück. Was sich dabei vom europäischen Bogenschießen unterscheidet und worauf es dabei ankommt, verrät uns der Mitgründer des Kyudojo Niederrhein e.V. in Mönchengladbach.
Anfang der 90er begann Johannes Maringer mit Karate und 1995 mit Kyudo. Stets auf der Suche nach Herausforderungen, die sowohl körperliche als auch geistiges Potential bieten, entdeckte er seine Leidenschaft für die asiatische Kampfkunst. Bei seinem ersten Training war er von der ruhigen und konzentrierten Atmosphäre im Dojo (Übungshalle) und der Demonstration der Schützen so berührt, dass er dies auch lernen wollte.
So gehört er heute zu den Mitgründer des Kyudojo Niederrhein e.V. in Mönchengladbach. Dieser zählt 19 Mitglieder und besteht seit über zehn Jahren. Der Verein trainiert zweimal in der Woche und ist Mitglied im NW Kyu Verband. Die Mitglieder nehmen an Landes- und Bundesveranstaltungen, wie Wettkämpfe (Landes- und Deutsche Meisterschaften, Europa- und Weltmeisterschaften) und Prüfungen ( Kyu- und Danprüfungen), Fortbildungsseminaren für Trainer, Prüfer und Kampfrichter teil. Der Vorstand führt die Vereinsgeschäfte, der Trainer führt das Dojo und leitet den Schießbetrieb.
Als Mitbegründer vom Kyudojo Niederrhein e.V. bin ich seit 10 Jahren in Mönchengladbach als Trainer aktiv. Kyudo hat eine besondere Faszination, da alle Bewegungen sehr ruhig und langsam ausgeführt werden, bis auf den Abschuss, der scharf und explosionsartig ist. Zudem kommen die besonderen Eigenheiten des Gerätes, der japanische Langbogen ist asymmetrisch und wird im unteren Drittel gegriffen. Der Geist kommt zu Ruhe und ist nur mit dem beschäftigt, was du tust. Für alles andere ist/sollte kein Platz in deinem Bewusstsein sein.
So fokussiert, können die 100 % Energie, die jeder in sich trägt, auf Bogen und Pfeil übertragen werden. Ein kraftvoller Abschuss lässt den Pfeil geradeaus in die 28 Meter entfernte Scheiben fliegen.
Kyu = Bogen, Do = Weg, Dojo = Übungshalle
Früher als Kriegs-und Jagdgerät genutzt, auch um Geister zu vertreiben, wird der Bogen im modernen Kyudo zur Persönlichkeitsentwicklung und Förderung der Gesundheit gebraucht. Alle Budodiziplienen haben dieselben Grundwerte, die in der Budo-Charta 1984 niedergeschrieben wurde. Als ein Hauptziel kann „die Einheit von Körper und Geist“ genannt werden
Kyudo ist die Kunst, mittels ausgeglichener Geisteshaltung, korrekter Körperhaltung und auf eigene Bedürfnisse abgestimmten Gerät die unbewegte Scheibe zu treffen.
Wie in anderen Kampfkünsten gibt es auch im Kyudo verschiedenen Schulen. Im Kyudojo Niederrhein wird die Heki Ryu Insai Ha praktiziert und unterrichtet, das Schießen zu Fuß, wie es auf dem Schlachtfeld üblich war.
Für das Kyudotraining benötigt der Schütze einen 3-Finger-Schießhandschuh an der rechten Hand, ein Makiwarapfeil und ein Satz Pfeile für Matoschießen. Der Anfänger beginnt die Übung in leichter Sportkleidung, nach der ersten Prüfung kann Übungshemd(Gi), Gürtel (Obi), Hakama (Hosenrock) und Socken(Tabi) gekauft werden. Ja nach Körperlänge gibt es Bögen aus Glasfaser, Karbon mit verschiedenen Zugstärken. Bambusbögen und Bambuspfeile sind für Fortgeschrittene Schützen, da sie mehr Aufmerksamkeit und Pflege benötigen. Ab dem 4. Dan trägt der Schütze auch Kimono. Zubehör wie Ersatzsehnen und Sehnenring, diverse Pulver für Bogenhand und Handschuh, Werkzeug für Kleinreparaturen am Griffleder, an den Pfeilen sind hilfreich.
Der Verein stellt für Anfänger Bögen von 6 – 10 KG Zuggewicht zur Verfügung.
Das Motto unserer Schule heißt CHU – KAN – KYU. Treffen, Durchschlagen, Ausdauer. Früher war es wichtig, einen durchschlagenden Pfeil abzuschießen, das Treffen ist heute noch genau so wichtig. Die Ausdauer, viele Pfeile zu schießen kommt mit der Zeit.
Kyudo ist für alle Menschen geeignet, die ihren Horizont erweitern möchten, eine neue Kultur und Regeln kennenlernen möchten, Interesse an körperlicher Mobilität haben. Das Einstiegsalter liegt bei 15 Jahren und stabiler physischer und psychischer Konstitution. Der Wille, unbedingt durchhalten zu können, erleichtert den Einstieg. Kyudo kann man bis ins hohe Alter praktizieren. Ich bin seit 25 Jahren auf dem Bogenweg und freue mich auf den nächsten Pfeil.
Das japanische Bogenschießen wird in acht festgelegten Bewegungsstufen (Hassetsu) ausgeführt. Diese Bewegungen zu erlernen, zu verfeinert und letztendlich zu durchdringen ist Teil des Weges.
„Das tägliche Üben sollte man immer wie etwas Besonderes tun und das Besondere (Prüfung, Wettkampf) wie eine tagtägliche Übung“. Wir danken Johannes Maringer für das interessante Gespräch und wünschen ihm und dem Verein alles Gute.