Auch wenn das Angebot an kaufbarer Kleidung groß und vielfältig ist, so gibt es doch einige Gründe, warum es Sinn macht, selbst zu nähen. Sei es, weil die eigene Figur nicht dem gängigen Schema entspricht, der eigene Geschmack nicht zum Angebot passt, man sicher sein möchte, dass keine Kinderarbeit an der Kleidung beteiligt ist, oder weil es einfach Spaß macht.
Wer sich viele Fehlversuche ersparen möchte, ist gut beraten einen Nähkurs zu besuchen, Kurse, wie sie zum Beispiel von Susanne Weller mit sw-handmade in Leipzig angeboten werden. Vor 46 Jahren in Leipzig geboren, hat sie bereits als Kind mit großer Begeisterung angefangen zu nähen. Die Techniken lernte sie von unterschiedlichen Personen, in Kursen, mit Hilfe von Zeitschriften und Lehrbüchern. Sie hat alles, was mit Nähen und dem Erstellen von Schnittmustern zu tun hat, geradezu aufgesaugt. Und das ist bis heute so geblieben.
Dass ihr Hobby auch mal ihr Beruf werden wird, war allerdings nicht so geplant. Sie hat eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester absolviert und war auch viele Jahre als Krankenschwester tätig. Wie es dazu kam, dass sie ihre Leidenschaft für das Nähen zum Beruf gemacht hat, erzählt sie im folgenden Interview.
In ihrem kleinen Laden in der Karl-Heine-Straße in Leipzig bietet sie hauptsächlich Nähkurse für Kinder ab 10 Jahren und für Erwachsene an. Wenn noch Zeit übrig ist, näht sie noch ausgewählte Einzelstücke für den Verkauf im Laden. Ein kleines, feines Stofflager gehört dazu.
Die Schnittmuster für die Nähkurse verwende sie in Absprache hauptsächlich von Pattydoo, Melonie/Echt guter Stoff und von ihr selbst. Die Kursteilnehmer können aber auch ihre eigenen Schnittmuster zum Kurs mitbringen. Die Nähkurse erfreuen sich mittlerweile großer Beliebtheit und sind gar kein „Insider“ mehr. Wer einmal in einem Kurs bei ihrr war, kommt zu 80% wieder und bringt noch eine Freundin mit!
Noch arbeitet Susanne Weller allein und ist meist für etwa 1,5 Monate im Voraus ausgebucht. Deshalb wird es in diesem Jahr einen Mitarbeiter-Zuwachs geben.
Ich habe Kinderkrankenschwester gelernt, danach meist auf Intensivstationen in der Erwachsenenpflege gearbeitet. Zwischendurch gab es immer mal Zeiten, in denen ich etwas anderes gemacht habe. Beispielsweise habe ich mit 30 mein Abitur gemacht und 2 Jahre Museologie studiert. Irgendwie bin ich aber immer wieder in der Krankenpflege gelandet.
Mit knapp 40 hatte ich einen heftigen Burnout mit einer Depression. Alleinerziehend im 3-Schichtsystem und einer 40h Woche – konnte ich nichts mehr. Ich war 2 Jahre krankgeschrieben, hatte Therapien und bekam Medikamente. Nach 2 Jahren etwa stand die Frage im Raum, ob ich mich in Rente begeben sollte.
Warum erzähle ich das? Weil es wichtig ist. Das ist neben meinem Geschäft quasi meine Message. Ich habe begonnen, zu meditieren und die Verantwortung für meine Krankheit und für mein Leben zu übernehmen. Zum Glück hatte ich etwas, was ich konnte – Nähen. Aus dem Hartz 4 heraus, immer noch alleinerziehend, habe ich in den letzten 4 Jahren mein kleines Geschäft ins Leben gerufen und entwickle es täglich weiter.
Im Prinzip aus dem Nichts und auch von Nichts (ich hatte keine Ersparnisse). Die Nähkurse hatte ich anfangs nicht im Visier. Erst nachdem eine Freundin mit ihrer Tochter bei mir einen Kurs gemacht hatte, kam ich auf die Idee, meinen Fokus darauf zu legen, anderen Menschen das beizubringen, was ich kann. Und bei mir gibt es neben gut durchdachten Kursen und qualitativ hochwertigen Lerninhalten auch immer eine große Prise Glück und Lebensmut.
Seit etwa 2 Jahren hat sich mein Angebot nun ganz schön herumgesprochen und meine Kurse erfreuen sich größerer Beliebtheit. Ich stehe wirtschaftlich auf eigenen Füßen und bin im Übrigen gesund. Die Menschen kommen aus der gesamten Region, auch aus dem Leipziger Umland im Umkreis von 50km! Und das Wichtigste: ich konnte meinem Kind ein anderes Leben vor Augen führen, als es Ärzte und Gesellschaft gesehen haben.
Also, nein. Es ist kein langersehnter Wunsch in Erfüllung gegangen. Es ist irgendwie aus der Not heraus „passiert“. Aber rückblickend ist mein Geschäft sw-handmade mit den vielen tollen herzlichen und inspirierenden Menschen einfach das ALLERBESTE, was ich mir vorstellen kann!
Bei mir gibt es folgendes Kursangebot:
Kinder: Grundkurse und Projektkurse
Erwachsene: Grundkurse, Jersey-Anfängerkurse, Overlock-Grundkurse, Kurse für weiterführende Projekte, wie Taschen, Hoodies, Kleider, Jacken, usw.
Tage und Zeiten sind unterschiedlich und zu finden auf meiner Website
Welche Grundausstattung braucht man zum Nähen? Mit welcher Nähmaschine arbeitet ihr bevorzugt und warum?
Zur Grundausstattung gehört neben einer Nähmaschine noch Folgendes:
1 Papierschere
1 Stoffschere
Stecknadeln (am besten mit Glaskopf)
Schneiderkreide (weiß und blau)
1 Kopierrad
1 Handmaß
1 Bandmaß
1 langes Lineal
Markierstift
gutes Garn
Ich arbeite hauptsächlich mit einfachen Nähmaschinen (beispielsweise W6 und auch Medion), da man an diesen das Nähen und den Umgang meiner Meinung nach am Besten erlernt. Später kann man diese gut gebraucht verkaufen und sich gern eine Maschine mit viel Spielzeug wie Stickprogramm o.ä. zulegen. In meine Kurse kann auch jeder, wer möchte, seine eigene Maschine mitbringen. Ich freue mich immer, wenn auch mal ältere Modelle zum Einsatz kommen. Gefühlt hatte ich bereits jede Maschine mal vor der Nase!
Aber grundsätzlich kann man mit der einfachsten Nähmaschine alles nähen, sie sind meist super robust und für den Anfang geeignet. Es gibt nur eines auf was ich achten würde – die Maschine sollte den „Dreifach-Gerad-Stich“ haben. Bei einer Overlock oder Coverlock sieht das schon wieder anders aus, hier würde ich zu einem aktuelleren und nicht zum günstigsten Modell greifen.
Meine Zielgruppe sind hauptsächlich junge Muttis, die gern ihre Kinder benähen möchten und Frauen in meinem Alter, welche endlich mal etwas für sich selber tun: kreativ sein, schöne Sachen herstellen und sich darüber freuen. Es kommen aber auch Männer jeden Alters und im Übrigen auch Frauen bis Ü70 zu mir. Die Kinderkurse sind mit gerade mal 2 Kursen im Monat schnell ausgebucht. Die Kursgebühren liegen zwischen 35,- und 49,- Euro.
Dies ist beim Nähen in idealer Weise möglich. Wer für sich oder seine Kinder selbst näht, kann seine eigenen Vorstellungen von schöner und praktischer Kleidung voll und ganz umsetzen, über Art und Farben der Stoffe entscheiden und selbst dafür sorgen, dass die Kleidungsstücke perfekt passen. Bei Kinderkleidung kann man zudem den Schnitt so gestalten, dass die Kleidung nicht nur wenige Wochen passt. Wir bedanken uns bei Susanne Weller für ihre Zeit und dieses sehr persönliche Gespräch.