Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, warum Menschen ihre Heimat verlassen und ein neues Leben in einem fremden Land beginnen. Unabhängig vom Grund für diese Entscheidung, hängt der Erfolg maßgeblich davon ab, ob und wie schnell man lernt, sich in der Landessprache zu verständigen und die Bräuche und Sitten des Landes kennen zu lernen und zu verstehen. Somit haben Sprachschulen eine sehr wichtige Aufgabe bei der Integration von Zuwanderern. Ideal ist es, wenn nicht nur die Sprache, sondern auch ein bisschen Kultur vermittelt wird.
Wir haben darüber mit Dr. Kirsten Nies gesprochen. In Köln geboren, lebt sie bereits seit 2007 in München. Vielseitig interessiert studierte sie Jura, Neuere und Neueste Geschichte sowie Italienisch, hat zwei Juristische Staatsexamina und in „Historische Grundlagen der Politikwissenschaften“ promoviert.
Bereits während der juristischen Ausbildung wurde ihr klar, dass sie nach dem Zweiten Staatsexamen nicht als Juristin arbeiten wollte. Ihre wahre Leidenschaft waren schon immer Sprachen und Geschichte. Nach Abschluss des Zweiten Examens war sie begleitend zur Doktorarbeit zunächst ein paar Jahre in Berlin in der „Historischen Forschung“ tätig. Als sie 2007 nach München zog, suchte sie sich ein neues Betätigungsfeld. Ihre Erinnerung an das bereits 1999 absolvierte Praktikum beim Goethe-Institut in Palermo, das sie total begeistert hatte, war mitentscheidend, dass sie sich näher mit dem Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ befasste und ein Celter-Zertifikat DaF ablegte.
Nachdem sie einige Monate bei einer Sprachschule in München gearbeitet hatte, die sehr kommerziell ausgeprägt war und wo die Deutschkurse sehr eng getaktet, fast wie am Fließband abgehalten wurden, so dass man zwischen den Kursen gerade genug Zeit zum Lüften hatte, entstand in ihrem Kopf bald die Vision einer Sprachschule, die anders sein sollte – privater, familiärer und herzlicher!
Aus dieser Vision wuchs die Sprachschule Axioma, in der schon lange nicht mehr nur einfache Deutschkurse angeboten werden. Das Angebot umfasst Deutschkurse für jedes Level, aber auch Fremdsprachen, welche von einem Team aus internationalen Mitarbeitern vermittelt werden.
Axioma wurde im Februar 2009 gegründet. Die ersten zwei Monate fand der Unterricht in meiner Privatwohnung in Lehel statt, Anfang April eröffnete Axioma dann in einem schönen Altbau in der Amalienstraße. Zunächst boten wir nur Kurse für die Mittel- und Oberstufe an, mit Vorbereitung auf die Deutschprüfungen, die man ablegen muss, um als Ausländer an einer deutschen Hochschule zu studieren (TestDaF und DSH), Englischkurse zur Vorbereitung auf den TOEFL sowie ein (juristisches) Fachlektorat für Verlage, Wissenschaftler, wissenschaftliche Einrichtungen, Studenten und Unternehmen. Statt Kaffeeautomaten mit Plastikbechern gibt es bei uns in den Pausen kostenlosen Kaffee in Porzellantassen und Kekse in gemütlichem Ambiente, um den Schülern fernab ihrer Heimat ein familiäres Gefühl zu vermitteln. Über die deutsche Sprache hinaus möchten wir auch deutsche Kultur und Geschichte vermitteln.
Ich denke, all diese Anfangsziele haben wir umsetzen können. Zum Beispiel sind unsere Räume nicht nach Nummern benannt, sondern tragen berühmte Namen aus Literatur, Film oder anderer Kunst mit Bezug zum deutschen Sprachraum wie Thomas Mann, Peter Ustinov oder Romy Schneider. Wir haben Räume, die individuell gestaltet sind, etwa mit einem funktionsfähigen alten Klavier, auf dem die Schüler außerhalb der Unterrichtszeiten spielen dürfen, alten Clubsesseln und Bildern, die die Schüler auf die Kultur des deutschen Sprachraums neugierig machen sollen.
Seit unserem Umzug in größere Räume haben wir unser Kursangebot stark erweitert und können Deutschunterricht auf allen Stufen sowie andere Kurse anbieten.
Ja, die Integration ausländischer Schüler in den deutschen Alltag war uns von Anfang an ein Anliegen. So versuchen wir, auch deutsche Lebensgewohnheiten, Kultur und Geschichte in den Unterricht zu integrieren. Natürlich gehen wir gemeinsam auf das Oktoberfest oder besuchen andere Festivitäten, schauen uns gemeinsam Fußballspiele an oder gehen mit den Schülern zum Kegeln.
Das Probieren saisonaler Backwaren wie Zwetschgendatschi, Weihnachtsstollen oder Lebkuchen gehört bei uns ebenso dazu wie die Besuche von Gedenkstätten wie der Weißen Rose. Und viermal im Jahr findet freitags ein echtes Weißwurstessen in der Schule statt, wobei die meisten Schülern beim richtigen Zutzeln an die Grenzen ihres Kulturverständnisses stoßen.
Wichtig ist uns aber auch der gegenseitige Kulturaustausch. So erfahren wir aus den Gesprächen mit den Schülern ebenfalls viel über ihre Heimat und ihre Kultur, was auch für uns sehr bereichernd ist und vielleicht auch etwas zum Verständnis füreinander beiträgt.
Nach unserer Erfahrung gehen die meisten Schüler in einen Sprachkurs, um bei der persönlichen Interaktion mit dem Lehrer und den anderen Schülern zu lernen. Natürlich setzen wir technische Hilfsmittel wie beispielsweise CD-Player und Beamer punktuell ein, um explizit das Hörverstehen zu testen oder die Schüler auf spannende Serien, Filme oder YouTube-Videos hinzuweisen, die ihnen Lust machen, die Sprache weiter zu erlernen oder den Unterricht aufzulockern.
Aber das, was eine Sprachschule hauptsächlich leisten sollte, ist unserer Meinung nach, die direkte Kommunikation zu fördern und grammatische, sprachliche und andere Lerninhalte im persönlichen Austausch zu vermitteln. Das macht am meisten Spaß und verspricht den größten Lernerfolg.
Natürlich fällt es vielen Schülern anfangs schwer, sich auf die neuen Gepflogenheiten oder das ungewohnte Wetter hier einzustellen. Aber damit kommen die meisten nach einiger Zeit zurecht. Der wichtigste Aspekt beim Einleben ist jedoch natürlich, schnell Leute kennenzulernen, mit denen man sich wohlfühlt und die bestenfalls zu Freunden werden. Es hilft selbstverständlich wenig, den Schülern zu sagen: „Geht raus und sprecht mit den Leuten!“, weil es in Deutschland einfach eher unüblich ist, fremde Leute anzusprechen.
Wir sagen unseren Schülern, dass sich Kontakte in Deutschland am besten über gemeinsame Interessen ergeben. Vereine sind ein gutes Beispiel, gerade Sportvereine, wo die Sprache eher nicht so wichtig ist. Aber auch für fast alles andere gibt es in Deutschland Vereine. Das muss nicht so spießig sein, wie es sich anhört, freilich können auch Internetforen oder WhatsApp-Gruppen dabei helfen, Leute mit gemeinsamen Interessen kennenzulernen. Und wer sich drei, vier Wochen zum Fußballschauen in dieselbe Kneipe setzt, der wird sicher auch bald mal auf ein Bier eingeladen. Wenn er für den richtigen Verein ist, natürlich!
Und schließlich sagen wir unseren Schülern auch, dass sie sich einfach nicht entmutigen lassen dürfen. Die Deutschen brauchen meist etwas länger, um Beziehungen zu knüpfen und reagieren bei den ersten Begegnungen oft etwas zurückhaltend. Aber das ist meist gar nicht unhöflich gemeint, sondern einfach Ausdruck der Mentalität, nach der man nicht gleich mit der Tür ins Haus fällt. Sollte sich dann eine echte Freundschaft entwickeln, sind viele Schüler überrascht, wie treu ihre neuen deutschen Freunde sind!
Und das am besten mit anderen Menschen. Man kann viele Bücher lesen und auch Programme zum Erlernen von Sprachen nutzen, um sich Grundkenntnisse anzueignen. Aber wie man eine Sprache richtig einsetzt, ohne ständig Missverständnisse zu erzeugen, lernt man am besten im Gespräch mit anderen Menschen. Daher ist der Unterricht bei einem passenden Lehrer immer noch die beste und sicherste Methode eine Sprache zu lernen. Wir danken Dr. Kirsten Nies für ihre Zeit und den Einblick in die Arbeit einer Sprachschule.