Tanzen ist viel mehr als nur Bewegung. Man kann es zwar auch als Sport betrachten, hinter den hundert verschiedenen Tanzarten, die es weltweit gibt, verbirgt sich aber stets eine eigene Tradition und Geschichte. Diese zu ergründen und in die uralten Rhythmen einzutauchen, ist die Leidenschaft vieler und hat nicht selten ein Leben maßgeblich geprägt.
Einer derjenigen ist Chiche Núnez: Der 46-Jährige ist darstellender Künstler, gelernter Tangotänzer, tanzt vor allem argentinischen Tango, ist Vertreter des Urquiza-Stils und Schüler von José Brahemcha. Als Inhaber von Urquiza ist er Einzelunternehmer und wird von einem Mitarbeiter und einigen weiteren Personen bei Bedarf unterstützt. Als Künstler arbeitet er freiberuflich.
Vor seiner Zeit in Berlin hat Chiche in seiner Heimat so einiges erlebt: Er studierte zwei Jahre Astronomie, war Software-Kursverkäufer in 5 verschiedenen Provinzen Argentiniens, Sekretär in einer Anwaltskanzlei in Venado Tuerto, Santa Fe und lebte ein Jahr in der Ökumenischen Gemeinde von O’higgins, Prov. de Buenos Aires. Zurück in Buenos Aires arbeitete er in einer Eisdiele und studierte 2 Jahre Literaturwissenschaft. Bei einem Treffen mit seinen Kommilitonen aus der Soziologie und Philosophie entdeckte Chiche schließlich Tango – als seine eigene kulturelle Wurzel.
Seit 1996.
Ich fand hier eine ideale Konjunktur für junge Künstler, sowohl aus künstlerischer Sicht (Berlin und Paris waren die größten Tango-Städte nach Buenos Aires, und beide bieten bis heute eine unglaubliche Produktion an Kunst in verschiedenen Disziplinen) als auch aufgrund von Infrastruktur und Lebensunterhaltungskosten.
Ja, beides regelmäßig und intensiv.
Sowohl die Kunst als auch das Unterrichten bereiten mir sehr viel Freude, vorausgesetzt, es gibt eine gute Balance: Wenn ich zu viel für Auftritte fahren muss, dann ist nicht mehr Platz für meine eigene Entwicklung, und wenn ich nur unterrichte und nicht tanze, fehlt mir das Kreative.
Die Herkunft – die zwei Tänze sind sich nur noch da nah. Nach dem Ausbruch des 2. Weltkriegs entwickelten sich beide Tänze in ganz verschiedene Richtungen, wobei beide Schreittänze blieben und Eleganz beanspruchen.
Die Musik, zu welcher man den europäischen Tango tanzt, ist in Ausdruck und Interpretation sehr unterschiedlich zur argentinischen Tangomusik. Bei europäischer Tangomusik wird vor allem der Rhythmus betont, während beim argentinischen Tango die Melodien prägnanter ist.
Die Körper sind in ihrer Haltung ganz anders aufgerichtet: Im europäischen Tango sind etwa Oberkörper und Gesicht entfernt voneinander, während es im argentinischen Tango das Gegenteil ist. Das Becken macht etwas Platz nach hinten für die Hüfte, um besser drehen zu können usw. Die zwei Bewegungsparadigmen sind voneinander sehr entfernt.
Europäischer Tango, so wie ich ihn verstehe, ist stark in Mustern standardisiert, während der argentinische Tango verschiedene Stile und Richtungen bewahrt.
Für alle Menschen, die mit dem Urquiza-Stil etwas anfangen können, ist der Urquiza-Stil sehr aufregend. Dazu haben wir einige Schüler interviewt … bald gibt es dazu mehr Infos und Videos online zu sehen!
Es ist davon abhängig, in welcher Umgebung man tanzt. Eine elegante Umgebung verlangt Anzug und Kleid. Eine sehr entspannte Umgebung würde für die Herren lange Hose und Poloshirt bedeuten. Für die Damen ist die Auswahl etwas vielfältiger.
Ich persönlich fühle mich allgemein im Anzug mit und ohne Krawatte am wohlsten.
Heute ist alles in Bewegung. Wer der Tradition folgt, bleibt beim Sakko für Herren und Rock für Damen, aber es ist eine Frage der Auslegung: Wer Tango ernsthaft kennenlernen möchte, hat einen anderen Bezug als jemand, der sich nur bewegen und nur den Tanz ohne die kulturellen Hintergründe ausüben möchte.
Ich finde ein Jackett hilfreich, um gut tanzen zu lernen, sowie Schuhe mit Ledersohlen und für die Damen Absätze ab 6 cm. Ein Rock verleiht außerdem einen ganz anderen Ausdruck bei den Frauen.
Wir wählen einen schönen Ort, der uns als Inspiration dient, verbringen dort Zeit gemeinsam beim Essen, im Unterricht, beim Spazieren und Tanzen und suchen gleichzeitig Erholung vom Alltag.
Unsere letzte Reise war für bis zu 20 Personen gedacht. Wir können aber auch Reisen für bis zu 30 Personen oder mehr veranstalten. Wir fahren nach Deutschland, Argentinien und bewegen uns innerhalb von Europa, vor allem in Italien und in Frankreich.
Die Unterrichtsstunden und ein ungezwungenes Treffen werden pro Tag geplant. Dazu kommen Milongabesuche, Auftritte und Sonderprogramm. Der Rest ist spontan und Selbstgestaltung.
Geplant werden zwischen 3 und 4,5 Stunden Unterricht am Tag, je nach Reise. Dazu gibt es die Möglichkeit, Privatstunden zu nehmen. Abends wird in der Regel frei auf Milongas getanzt. Wenn die Reise kurz ist, dann ist auch der Unterricht tendenziell intensiver.
Tango hat Chiche nicht nur zurück zu seinen Wurzeln gebracht, sondern auch hinaus in die Welt. Seine Tanzschule versteht sich als Vermittlerin von traditionell argentinischem Tango im Urquiza-Stil. Hier wird Tango als Tanz und Kunstform sowie als kulturelles Ereignis und Phänomen gelebt. In den gemeinsamen Tangoreisen wird dieses Lebensgefühl außerdem ganz ungezwungen an die Kursteilnehmer weitergeben und man begibt sich auf die Suche nach Inspiration.