Sonja Sauer, geboren 1972 in Kaiserslautern, war es schon immer ein Anliegen selbstständig zu sein. So kam es, dass sie nach ihrer Ausbildung als Heilpraktikerin eine eigene Praxis eröffnete. Viele Jahre arbeitete sie in diesem Bereich. Daneben übte sie als Hobby die Kampfkunst Aikido aus. Mehrere Jahre übte und unterrichtete sie ehrenamtlich in Aikido-Vereinen im Großraum Stuttgart, wo sie sich auch zwei Jahre lang als Vorsitzende eines Aikido Vereins betätigte. Zum Beruf wurde ihre Leidenschaft aber erst, nachdem sie zu ihrem Mann ins Ruhrgebiet zog.
Dieser hatte nämlich bereits 2008 in Duisburg eine Aikido-Schule eröffnet. Sonja Sauer stieg als zweite Lehrerin in diese Schule ein und unterrichtet dort seitdem Kinder, Jugend und Erwachsene. Die Kampfkunst Aikido übt die 47-Jährige bereits seit 2002 aus, seit rund acht Jahren unterrichtet sie. Eigens für diese Aufgabe hat sie den Übungsleiterschein C erworben. Neben der Arbeit als Kampfkunst-Lehrerin weist Sonja Sauer zudem mehrjährige Erfahrung in der Erwachsenenbildung auf.
Inzwischen hat sich Sonja Sauer ein eigenes Programm zusammengestellt, das sie u.a. auch in der Schule in Duisburg anbietet: das Programm «Aikido in Business». Mehr dazu erfährt man im Interview und auf der Website www.aikido-in-business.de.
Der Anteil der Frauen im Aikido ist verglichen mit anderen Kampfkünsten heutzutage relativ hoch. Das liegt einerseits daran, dass es im Aikido keinen Wettkampf gibt und Männer und Frauen – trotz des Kraft-Vorteils, den Männer üblicherweise haben – so auf Augenhöhe miteinander trainieren können. Natürlich ist ein gewisses Maß an Kraft, Körperspannung und dergleichen auch im Aikido notwendig – aber Kraft ist dabei eher nebensächlich und streng genommen sogar hinderlich. Weniger Körperkraft bedeutet, dass die eigene Technik richtig gut sitzen muss. Wer viel Kraft hat, kann mangelnde Technik damit kompensieren, merkt aber manchmal nicht, dass die Technik dahinter noch nicht richtig funktioniert. Aikido ist demnach eine Kampfkunst auch und besonders für Menschen, die körperlich weniger Kraft besitzen. Ich denke, dass sich deshalb mehr Frauen für Aikido interessieren. In unserer Schule liegt der Anteil der Frauen bei zirka 50 Prozent – was wir sehr begrüßen.
Ich selbst habe wenig Vorurteile oder Probleme dadurch erfahren, dass ich eine Frau bin. Meine Lehrer aus Schweden unterscheiden in ihrem Unterricht nicht zwischen Männern und Frauen. Sie behandeln ihre Schüler und Schülerinnen sowie die Menschen im Allgemeinen emanzipiert und gleichberechtigt.
Die Tatsache, dass ich eine Frau bin, hat sich bisher in meinem Aikido-Leben sogar eher als nützlich erwiesen. Immer mehr Aikido Dojos – wie man die Schulen nennt – legen verstärkt Wert darauf, auch Frauen mit dem Training anzusprechen und als Trainerin zu gewinnen. Denn um Frauen anzusprechen und sie zu halten und um Gleichberechtigung auf die Matte zu bringen, werden immer öfter gezielt Frauen als Lehrpersonen für Aikido-Seminare eingeladen. Das trägt sicherlich dazu bei, dass auch ich Seminare im In- und Ausland unterrichten kann. Ich freue mich persönlich sehr über diese Entwicklung und erlebe das als große Bereicherung für unsere Aikido Kultur.
Je länger man sich mit Aikido beschäftigt, umso mehr werden die Zusammenhänge zwischen den mit dem Körper geübten Techniken und zwischenmenschlichen Prozessen deutlich. Für mich liegt gerade hierin die größte Faszination dieser Kampfkunst. So studieren wir im Aikido-Training anhand der Prinzipien der Kampfkunst wie gute Kommunikation und Konfliktlösung funktionieren können. Wir üben darüber hinaus, wie wir sogar in Stresssituationen besser in uns ruhen können und dadurch handlungsfähiger bleiben. Aikido schult unsere Erscheinung, unsere Klarheit und vieles mehr.
All dies sind Aspekte, die natürlich für jeden Menschen von großem Wert sind – denn letztendlich führen wir alle unser Leben und sind, streng genommen, alle sozusagen eine Führungskraft. Aber meines Erachtens sind gerade für Führungskräfte in Unternehmen oder Organisationen, die im Aikido geübten Prinzipien von unschätzbarem Wert. Dabei sind die Inhalte, die ich über Aikido lehre, nicht unbedingt revolutionär. Aber wo viele andere System wie beispielsweise die gewaltfreie Kommunikation ausschließlich über den Geist arbeiten, möchte ich durch Übungen aus dem Aikido den Geist über den Körper erreichen. Wie die Forschung seit einigen Jahren weiß, verändert nicht nur der Geist den Körper, sondern auch umgekehrt. Das bedeutet, dass wir durch das Schulen des Körpers emotionale und geistige Veränderungen bewirken können. Manchmal sogar einfacher, als durch geistige Analyse zum Beispiel.
In der «Corporate World» lässt sich seit ein paar Jahren ein Wandel beobachten, der weg führt von traditionellen Strukturen beziehungsweise Hierarchien, die mit immer mehr Druck immer höher, weiter und größer werden wollen. Es gibt – zum Glück – einen Trend hin zu neuen Formen des Miteinanders und demnach des Führens. Immer mehr Unternehmen möchten ihre Angestellten und Führungskräfte tatsächlich stärken und haben verstanden, dass deren Zufriedenheit direkt gekoppelt ist mit dem Erfolg des Unternehmens. In Zeiten des Burnouts mit stetig steigendem Krankenstand müssen neue Wege eingeschlagen werden. Hier kann Aikido ein Werkzeug sein, um diese neuen Wege aufzuzeigen und umzusetzen.
«Aikido in Business» setzt erst einmal bei den Teilnehmern selbst an und vermittelt, wie wir über unseren Körper mit einfachen Übungen mehr innere Ruhe, Gelassenheit und Standfestigkeit entwickeln. Darauf aufbauend erfahren wir dann, wie diese innere Stärke die Kommunikation mit anderen verbessert und wie sich respektvolles, klares Miteinander anfühlt – und welche handfesten Vorteile sich daraus ergeben, wenn wir uns um eben solch ein Miteinander bemühen. Und last but not least arbeiten wir über den Körper daran, unseren Geist zu schärfen und damit unsere kognitive Leistungsfähigkeit zu verbessern.
Die TeilnehmerInnen benötigen keine besondere Ausrüstung. Im regulären Aikido Unterricht übt man in weißen Anzügen. Fortgeschrittene tragen zusätzlich einen traditionellen japanischen Hosenrock, der für die «Aikido in Business»-Seminare jedoch nicht benötigt wird. Bequeme Sport-Kleidung reicht aus.
Gerne setze ich in den Seminaren sogenannte Bokken, das sind Holzschwerter, und Tanto, sprich Holzmesser ein. Auch wenn diese Übungswaffen nicht scharf und deshalb nicht wirklich gefährlich sind, bringen sie doch eine gewisse Schärfe und Brisanz ins Üben.
Der Kern von «Aikido in Business» ist das eintägige Seminar für Führungskräfte, das sich auch zum Teambuilding gut eignet. Kürzere Workshops von beispielsweise zwei oder drei Stunden zum gleichen Thema sind möglich. Außerdem biete ich Workshops zum Thema Stressreduktion und Resilienz durch Aikido an.
Das Zeitalter der Globalisierung und Digitalisierung zeichnet sich durch steigende Geschwindigkeit aus. Sei es bei der Bandbreite des Internets oder der stetig und immer rasanter fortschreitenden technischen Entwicklung. Dies bringt unserer Gesellschaft viele Vorteile, bedeutet aber auch, dass wir als Einzelne mit dieser Geschwindigkeit mithalten müssen. Bei den meisten Menschen führt das dazu, dass wir mit unserer Aufmerksamkeit überwiegend im Außen sein müssen. Allein den Weg zurück ins eigene Zentrum zu finden und sich für ein paar Momente am Tag zu zentrieren, kann ein erster Impuls sein, einen Ausgleich dazu zu finden.
Zusammen mit ihrem Mann Peter Menke leitet Sonja Sauer eine Schule für Aikido in Duisburg. Dort unterrichten sie Kinder, Jugendliche und Erwachsene in dieser Kampfkunst. Bei der Arbeit mit den Kindern bekommt das Paar Unterstützung von zwei ihrer Schülerinnen. Zusätzlich zu der Arbeit in der Schule unterrichtet Sonja Sauer außerdem Aikido Seminare im In- und Ausland. Sie hat das Konzept «Aikido in Business» für Firmen entwickelt.