Das Wu Tai Chi Chuan ist eine eigenständige Tai Chi Richtung, dessen Wurzeln in der Kampfkunst liegen. Der Wu Stil des Tai Chi Chuan wurde anfänglich von der Leibgarde des chinesischen Kaisers zur Abwehr von Feinden ausgeübt. Heute wird diese Form des Tai Chi nur noch von wenigen praktiziert. Einer dieser wenigen ist Udo Kästner, letzter Tudi (innerer Schüler) von Ma Jiangbao, dem Enkel des Stilbegründers.
Udo Kästner ist 1961 in Remscheid geboren. Heute lebt er als Familienvater in Leverkusen. Sein Unternehmen führt er allein. Zudem arbeitet er als Chefausbilder in den EWTC-Seminaren bei verschiedenen Organisatoren (www.wu-taichi.org). Der EWTC ist die offizielle zentrale Institution von Ma Jiangbao in Europa, deren zentraler Partner die Wu Jianquan TaiJiQuan-Association in Shanghai ist. Bei seinen Kursen und Seminaren unterstützen ihn gelegentlich seine fortgeschrittenen Schüler.
Er übte seit frühester Kindheit diverse Sportarten aus: Reiten, Turnen, Leichtathletik und Judo, bis ca. 14 Jahre. Von 14 bis 16 Jahren war er im Bundesleistungszentrum für Modernen Fünfkampf (Reiten, Schießen, Fechten, Schwimmen, Laufen) in Warendorf und nahm bei diversen internationalen Meisterschaften teil. Ab 16 Jahren widmete er sich komplett den Kampfkünsten. Er boxte bei Bayer 04, übte Wing Chun und Aikido, sein Interesse mündete dann aber ins Shotokan-Karate-Do, welches er sechsmal die Woche für sechs Stunden über gut zwei Jahrzehnte trainierte. Seit 2000 gab er sich komplett dem Studium des Tai Chi Chuan von Ma Jiangbao hin.
In seiner beruflichen Laufbahn studierte er nach dem Abitur 1980 mehrere Semester Maschinenbau an der RWTH Aachen. Bei der Bayer AG in Leverkusen absolvierte er dann eine Ausbildung als Mess- und Regelmechaniker. Heute ist er dort im Hauptberuf in der Immobilienverwaltung tätig.
Seit ca. 1998 ist er nebenberuflich selbständig als Kampfkunstlehrer, zunächst im Karate-Do, seit 2001 im Tai Chi Chuan. 2012 machte er seine Lehrerprüfung unter Ma Jiangbao, wurde dann in den Vorstand des EWTC gewählt und 2015 zum Ausbilder ernannt. Seitdem unterrichtet er schwerpunktmäßig die Partneranwendungen in offizieller Nachfolge von Ma Jiangbao (gestorben Okt 2016) europaweit. Der Wu-Stil nach Ma Jiangbao ist weltweit sehr dünn gesät und daher füllt er eine kleine Nische aus.
Ma Jiangbao stand in einer Linie von Meisterschülern und gleichzeitig war er in 4. Generation Linienhalter des Tai Chi Chuan vom Kaiserhof in China, wo TCC als Kampfkunst der Leibwachen betrieben wurde. Er war von 1986 bis 2016 der einzige in Europa lebende Stilvertreter und Familienmitglied einer Taichi-Familie überhaupt.
Kampfkunst bildet den roten Faden in meinem Leben schlechthin und ich praktiziere neben meinem Unterricht täglich zwischen einer und drei Stunden.
Tai Chi -ohne Chuan- ist ein Begriff aus der chinesischen Philosophie und bedeutet wörtlich übersetzt „Höchster Firstbalken“, was aber in westlicher Hinsicht keinen Sinn macht. Man könnte es für „uns“ besser als „Höchstes Prinzip“ übersetzen.
Tai Chi Chuan ist die von diesem Prinzip abgeleitete Kampfkunst und wird auch als solche gewürdigt. Die Silbe „Chuan“ ist das Symbol (im Chinesischen gibt es keine Buchstaben, sondern Bilder) einer eingerollten Hand, also Faust. Es bedeutet Kampfkunst, insgesamt also Tai Chi-Kampfkunst.
Man muss jedoch wissen, dass Tai Chi Chuan sich im Grunde von allen anderen Kampfkünsten unterscheidet und es mindestens zwei Jahrzehnte täglichen Übens benötigt, um sie auch als solche einsetzen zu können. Zudem ist das Risiko von dem „Tai Chi-Kampfkunst-Prinzip“ abzuweichen so hoch, dass ein Abweichen schon eher die Regel geworden ist.
Im Tai Chi Chuan darf u.a. nicht die geringste Kraft eingesetzt werden. Das fällt jedem schwer und nur wenige schaffen es diesen Grundsatz über Jahrzehnte treu zu bleiben und die daraus resultierende Methodik zu verstehen.
Es ist gar keine Schutzausrüstung notwendig, da Kämpfe, auch Wettkämpfe, völlig unmöglich sind, denn es gibt gar keine Regeln zum Schutz der Kämpfer, wie z.B. im Kampfsport. Im TCC wird deshalb zusammengearbeitet, um sich zu unterstützen, also partnerschaftlich, nicht gegnerisch.
Mitgliedsbeiträge richten sich nach Umfang und Möglichkeiten und werden daher einzeln vereinbart.
Tai Chi Chuan braucht ein jahrelanges konsequentes Training, um ein tiefgreifendes Verständnis vom Wesen dieser Kampfkunst zu erlangen. Udo Kästner ist diesen Weg gegangen und praktiziert Tai Chi Chuan heute in Perfektion. Dieses Wissen gibt er im Unterricht an seine Schüler/Schülerinnen weiter, in der Nachfolge von Ma Jiangbao. Wir danken Udo Kästner für das Gespräch und den Einblick in sein Schaffen.